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Blühwiese statt Grasland

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Mehr wilde Blüten für Bienen, Hummeln, Schwebfliegen & Co.

Als wir unsere Arbeit auf der Streuobstwiese Mühlenkampstraße begonnen haben war eine der ersten Ideen ein Bienenhotel aufzubauen. Eine Idee die wir nach einem Blick auf die Artenvielfalt des Grünlandes ganz schnell verworfen haben. Es gibt nur sehr wenig Blüten zwischen den Obstbäumen. Und was wären wir für Gastgeber wenn wir zwar erstklassige Brut- und Schlafplätze anbieten aber weder mit Frühstück- noch Mittagessen dienen können. Bis zu einem möglichen Abendessen wären die jungen Insekten längst verhungert. Artenreiches Grünland ist in der Rote Liste Biotoptypen als von der „vollständigen Vernichtung bedroht“ klassifiziert.

Nun begann ein langer Weg durchs Internet, wir haben Bücher gewälzt und Seminare besucht. Der Grund für die Artenarmut der Streuobstwiese Mühlenkampstraße ist wie es aussieht das Mahdregime. Es wird zweimal pro Jahr gemäht, allerdings mit einem Kreiselmäher, der den Insekten zusetzt und danach wird gemulcht. Das Mulchen macht auch noch den letzten Insekten den gar aus, unterdrückt Blühpflanzen und fördert das Graswachstum. Bei der Bewirtschaftung mit Schlegelmulchgeräten und einer Schnitthöhe von 5 cm sterben z.B. 100% der Raupen, 65 – 90% der Käfer und Spinnen sowie 35 – 60% der Honigbienen. (Quelle: Klima- und Naturschutz Hand in Hand, Heft 9, Landschaftspflegegras. ISBN 978-3-982 1029-9-3)

Eine unserer ersten Taten war für einen Teil der Fläche an der Mühlenkampstraße, den wir „alte Gärtnerei“ nennen und der 5000 qm umfasst, die Mahd selbst in die Hand zu nehmen. Mit Hand- und Motosense haben wir in Etappen (Mosaikmahd) die Wiese gemäht, immer wieder Stellen stehen gelassen. In einem zweiten Schritt haben wir das Mahdgut von der Fläche geholt. Dieser zweite Schritt macht den Weg frei für viele Blühpflanzen und Kräuter und erleichtert den Insekten, die oft Bodenbrüter sind, die Eiablage. Allerdings gibt es 2 Probleme mit dem Mahdgut. Erstens ist das sehr anstrengende Arbeit, viele Hände wären da wirklich ein Segen. Zum zweiten wohin mit dem gemähten Gras, das kein Heu ist?

Heu wäre toll. Allerdings ist der Weg von gemähtem Gras bis zu Heu doch komplizierter. Im Moment ist das für uns keine Option, vielleicht in der Zukunft wenn wir deutlich mehr helfende Hände haben und eine kleine Heuballenpresse.

Inzwischen haben wir mit der Stadtverwaltung vereinbart, dass das gemähte Gras mit Totholz auf der Fläche bleibt und als Lebensraum für Insekten, Vögel und kleine Säugetiere zur Verfügung steht.

In den letzten Vorfrühlingswochen sind wir schon mit gesenktem Kopf und suchenden Augen über die Wiese gegangen. Wir freuen uns über frühe Knospen und verheissungsvolle Kräuter und sind gespannt ob unsere letztjährige Kraftaktion schon einen kleinen, positiven Erfolg zeigt.

Um der Artenvielfalt unter die Arme zu greifen haben wir darüber nachgedacht mit Regio-Saat oder Blühinseln Blüten auf die Wiese zu bringen. Für beides gibt es positive Beispiele. Wegen fehlender Fördermittel und zu wenig helfender Hände konnte wir das noch nicht angehen, aber wir bleiben dran.

Der Schlüssel zu mehr Wildbienen, Hummeln und andere Blüten besuchende Insekten sind ganz einfach ganzjährig mehr Blüten heimischer Blumen.

Folgende Publikationen waren für uns bisher wichtige Ratgeber:

In der Broschüre „Grünlandbewirtschaftung in der Elbtalaue – ein Praxisleitfaden für die Landwirtschaft“ wird beschrieben wie eine Insektenfreundliche Bewirtschaftung aussehen kann und, dass sie möglich ist.

Aus der Grünlandbewirtschaftung in der Elbtalaue – ein Praxisleitfaden für die Landwirtschaft: haben wir folgende Handlungsempfehlungen für die Mahd übernommen:

  • Heumahd statt Silagemahd 
  • Im Regelfall 2-Schnitt-Nutzung – 1. Schnitt zur Blüte der bestandsbildenden Gräser (je nach Standort und Witterung normalerweise zwischen Anfang und Ende Juni) 
  • Stoppelhöhe mindestens 10 cm (bei allen Mahddurchgängen inkl. herbstlichem Pflegeschnitt)
  • Kein Mulchen – keine Schlegelmahd – Mahdgut muss generell abtransportiert werden
  • Befahren der Flächen auf ein Minimum reduzieren (große Arbeitsbreiten oder kleine Traktoren mit schmaler Bereifung) 
  • Mahdrichtung grundsätzlich von innen nach außen oder in Streifen; dabei in Richtung auf einen ungemähten Randstreifen (Fluchtstreifen) arbeiten 
  • Staffelmahd – große Flächen (> 5 ha) gestaffelt, d. h. in Teilflächen in Abständen von mindestens 2 bis 3 Wochen mähen 
  • Bei jeder Mahd bleiben Randstreifen (mind. 5 bis 10 m breit) stehen, ggf. auch Streifen innerhalb der der Fläche, die zusammen etwa 10 % der Fläche ausmachen 
  • Artenschonstreifen, Altgrasstreifen, Altgrasinseln, die beim 2. Schnitt bzw. herbstlichen Pflegeschnitt belassen wurden, überwintern ungenutzt (Standort soll jährlich wechseln) 

Wie lange dauert es, bis sich die Wiesen erholen?

Unerwartete Zunahme des FFH-Lebensraumtyps 6510 „Magere Flachland Mähwiesen“ im Auengrünland der Mittleren Wümme

Nina Fahs, Burghard Wittig und Dietmar Zacharias haben dazu ein Papier erarbeitet das sich mit den Entwicklungen mesophilen Grünlandes an der Wümme über die letzten 20 Jahre beschäftigt. Das Resümee ist:

Die Entwicklung ist über diesen langen Zeitraum (seit 2004) positiv verlaufen. Die Wiesen werden extensiv bewirtschaftet, eine Düngung ist verboten. 

Zur weiteren Abmagerung des Bodens wird empfohlen die Mahdtermine auf einem Teil der Wiesen bereits im Mai anzusetzen. Auch wird vorgeschlagen eine Mahdgutübertragung vorzunehmen um noch mehr Pflanzenarten auf der Fläche anzusiedeln.

Das Papier beschreibt ebenfalls, dass eine Beweidung z.B. mit Schafen einen sehr positiven Effekt auf die Biodiversität auf den Flächen haben kann.

Zitate:

„Besonders die Diversität in Mahdzeitpunkt und Nutzungsintensität der Wiesen scheint deren positive Entwicklung gefördert zu haben. Um diese Entwicklung zu unterstützen, schlagen wir ein angepasstes Management mit zeitlich wechselnden Mähterminen und anschließender Entfernung des Mahdguts vor, wobei die erste Mahd in der Regel in der zweiten Maihälfte erfolgen sollte. Die Bestände sollten gemäht werden, sobald die Wiesen gut gewachsen für die Heumahd sind. Gerade bei noch nährstoffreichen Beständen sollte die Mahd in der zweiten Maihälfte eingehalten werden, um den Nährstoffgehalt auf den Flächen zu reduzieren. ….“

„Wichtig ist jedoch auch eine gelegentlich spätere erste Mahd in das System zu integrieren, um Pflanzenarten mit verschiedenen Phänologien zu fördern. Anschließend sollte im Spätsommer auf einigen Flächen eine Nachbeweidung durchgeführt werden, während für die anderen Flächen eine zweite Mahd empfohlen wird. Mit einer teilweisen Nachbeweidung im Spätsommer, statt der zweiten Mahd, könnten Lücken in der Grasnarbe etabliert werden, in denen sich Samen besser entwickeln können (Bullock et al. 1994). Durch teilweise Beweidung könnte das bisherige Mosaik aus Grünland und Brachen in einer ansonsten recht einheitlich bewirtschafteten Landschaft erweitert werden. Einzelne Flächen, die im Gebiet bereits nachbeweidet werden, zeigen positive Entwicklungen. Diese Vielfalt in der Bewirtschaftung und die Etablierung der Nachbeweidung in dem Gebiet stellt auch eine Möglichkeit dar, die Artenvielfalt zu fördern.“

Was können wir tun um die Erhöhung der Biodiversität zu unterstützen?

  • Aussaat Regional
  • Mahdgutübertragung z.B. Rodenberger Aue
  • Mehr Strukturen – Hecken, Totholz, Bäume
  • Beweidung mit Schafen als Landschaftspflegemaßnahme (winwin – Artenschutz auf der Wiese und bei alten Haustierrassen)

Umweltbildungsangebote für Erwachsene

Um Bewusstsein über die Bedeutung von Insekten und ihren Schutz in der breiten Bevölkerung zu schaffen und zu stärken, sollten auch Angebote in der Erwachsenenbildung bereitgestellt werden (vgl. Maßnahmen 6.5 und 9.3 Aktions- programm Insektenschutz, BMU 2019a). Für Erwachsene können Kommunen beispielsweise Themenführungen zu kommunalen Grünflächen organisieren, Bildungseinrichtungen wie Volkshochschulen Kurse und Seminare zu Themen rund um den Insektenschutz anbieten oder lokale Ver- eine zu Mitmach-Aktionen einladen (vgl. Kommbio & DUH 2018a, S. 35).

DStGB Dokumentation Nr. 155 – Insektenschutz in der Kommune

Heimatverbundenheit

Von der Heimat zur Landschaft

Welche Rolle spielt artenreiches Grünland im Klimaschutz?

Zitat Grünlandbewirtschaftung in der Elbtalaue – Ein Praxisleitfaden für die Landwirtschaft

„Nicht zu vernachlässigen ist die Bedeutung des Grünlands für den Klimaschutz, denn hier wird in weit höherem Maße Kohlenstoff im Boden gebunden und zurückgehalten als in anderen Agrarökosystemen. In der rezenten Aue ist Grünland von essentieller Bedeutung für den Auen- und Hochwasser- schutz durch hohes Wasserrückhaltevermögen und als Schutz vor Erosion (BfN 2014).“