Die Klasse von Mia machte einen Ausflug auf eine Streuobstwiese. Die Wiese war voller bunter Blumen, Bienen summten durch die Luft, und über ihnen rauschten die alten Apfelbäume im Wind.
Mia lief mit ihrer besten Freundin Nele ganz vorne. Die beiden pflückten Kleeblumen und zählten Schmetterlinge. Doch plötzlich blieb Mia stehen.
„Schau mal!“, rief sie. „Der Baum da ist ja ganz kahl!“
Mitten zwischen den anderen Obstbäumen stand ein alter, grauer Baum. Keine Blätter, keine Früchte. Die Rinde war an manchen Stellen abgeplatzt und ein großer Ast hing schief herab.
„Warum haben die den nicht gefällt?“, flüsterte Nele. „Der sieht doch richtig kaputt aus. Der könnte umfallen!“
Mia nickte. „Ganz schön gefährlich, oder?“
In diesem Moment kam Frau Schneider, ihre Lehrerin, näher. Sie hatte das Gespräch gehört und lächelte.
„Gute Frage, ihr zwei“, sagte sie. „Tatsächlich lassen wir manche alten, abgestorbenen Bäume extra stehen – wenn sie niemandem im Weg sind. Wisst ihr warum?“
Die Mädchen schüttelten die Köpfe.
„Weil sie ein Zuhause für viele Tiere sind! Zum Beispiel für Spechte, die ihr Nest in das weiche, morsche Holz hacken. Oder für kleine Fledermäuse, die in den Ritzen schlafen. Käfer legen ihre Eier unter die Rinde, und sogar Eulen brüten manchmal in den Höhlen alter Bäume.“
Mia sah den Baum jetzt mit ganz anderen Augen an.
„Also ist das kein toter Baum …“, sagte sie langsam. „… sondern ein lebendiger Ort für viele andere Tiere.“
„Ganz genau“, sagte Frau Schneider. „Wir nennen solche Bäume Habitatbäume oder Biotopbäume. Sie sind wichtig, auch wenn sie nicht mehr grün sind.“
Nele stupste Mia an. „Ich glaub, das ist mein neuer Lieblingsbaum.“
Und Mia nickte. Der Baum war zwar alt und grau – aber er war voller Leben.


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